Wer ein Haus baut, braucht manchmal starke Nerven – mitunter noch Jahre später. Diese Erfahrung haben auch Eheleute aus Baden-Württemberg gemacht, die jahrelang gegen den Bauträger ihrer selbstbewohnten Doppelhaushälfte prozessiert hatten. Der Grund: Bereits kurz nach ihrem Einzug war Wasser in den Keller eingedrungen, so dass die Eheleute vor den Zivilgerichten eine Rückabwicklung des Kauf- und Werkvertrags durchsetzen wollten. Vor dem Oberlandesgericht schlossen die Prozessparteien schließlich einen ersten Vergleich, der den Bauträger zu einer fachgerechten Sanierung der Undichtigkeiten verpflichtet hatte. Nachdem die Nachbesserungsarbeiten aus Sicht der Eheleute nicht zur Mängelbeseitigung geführt hatten, klagten sie erneut auf Rückabwicklung. Im Rahmen eines zweiten Vergleichs wurde schließlich ein Schiedsgutachten eingeholt, wonach die Mängelbeseitigung tatsächlich nicht fachgerecht erfolgt war. Die Kosten für ihre Rechtsanwälte von 10.295 EUR machten die Eheleute schließlich in ihrer Einkommensteuererklärung als außergewöhnliche Belastungen geltend.
Der Bundesfinanzhof (BFH, Urt. v. 20.01.2016 – VI R 19/14) entschied nun, dass die geltend gemachten Kosten nicht als außergewöhnliche Belastungen abgezogen werden können. Zivilprozesskosten sind nach der neuen höchstrichterlichen Rechtsprechung nur steuerlich anzuerkennen, wenn der Prozess existenziell wichtige Bereiche oder den Kernbereich des menschlichen Lebens berührt. Dieser existenzielle Bereich wird nach Gerichtsmeinung durch den verfolgten Anspruch auf Rückabwicklung des Vertrags nicht berührt – auch wenn der Ausgang des Verfahrens für die Eheleute von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung war.
Der BFH wies darauf hin, dass der Kauf eines Einfamilienhauses typischerweise nicht das Existenzminimum berührt und daher als Vorgang der normalen Lebensführung erscheint. Nichts anderes gilt für die Kosten zur Rückabwicklung eines solchen Kaufs. Entscheidungserheblich war für das Gericht zudem, dass das Eindringen des Wassers im vorliegenden Fall nicht zur Unbewohnbarkeit des Hauses geführt hatte und Baumängel nach der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht mit ungewöhnlichen Schadensereignissen vergleichbar sind, die einen steuerlichen Kostenabzug eröffnen können.
Scheidung: Rechtsanwaltskosten im Scheidungsverfahren sind keine Zivilprozesskosten
Außergewöhnliche Belastungen mindern das steuerliche Einkommen. Was steuerlich außergewöhnliche Belastungen sind und wann sie anerkennungsfähig sind, ist oftmals Streitpunkt gerichtlicher Auseinandersetzungen. In letzter Zeit ging es in diesem Zusammenhang häufig um
Scheidungskosten. Nach einigen Entscheidungen des Bundesfinanzhofs (BFH) und einer Gesetzesänderung stand fest: Scheidungskosten als zwangsläufige Kosten sind zwar außergewöhnliche Belastungen, können jedoch in der Regel die Steuerlast nicht mindern. Laut Gesetz ist ein Abzug von Zivilprozesskosten nämlich nur noch dann zugelassen, wenn der Steuerpflichtige ohne die Zivilklage in seiner Existenz bedroht wäre.
Aber so ganz ist das Thema doch noch nicht abgehandelt. In einem Fall vor dem Finanzgericht Köln (FG) wollte eine Frau die Kosten ihrer Scheidung als außergewöhnliche Belastung geltend machen. Das FG kam hier zu dem Schluss, dass die Einschränkung des Gesetzgebers auf Scheidungskosten gar nicht anzuwenden ist.
Bei den betreffenden Gerichts- und Anwaltskosten einer Scheidung handelt es sich nämlich nicht um Zivilprozesskosten. Das Scheidungsverfahren ist kein Prozess im Sinne der Zivilprozessordnung. Die entstehenden Kosten können dementsprechend begrifflich auch nicht Zivilprozesskosten sein. Das FG gab ihrer Klage statt. Allerdings unterstrich es auch noch einmal, dass Scheidungsfolgekosten (wie zum Beispiel für die Klärung des Aufenthaltsbestimmungsrechts des Kindes) nicht zu den abzugsfähigen Kosten gehören. Die geltend gemachten Scheidungskosten wurden daher in entsprechender Höhe verringert.
Hinweis: Die Revision gegen die Entscheidung des FG ist bereits beim BFH (VI R 9/16) anhängig; es kann sich also alles nochmals ändern.
Zivilprozesskosten: Aufwendungen für Schmerzensgeldprozess sind nicht abziehbar
Aufwendungen für einen Zivilprozess können nach der neueren Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH Urt. v. 17.12.2015 – VI R 7/14) nur dann als außergewöhnliche Belastungen abgezogen werden, wenn der Bürger ohne den Rechtsstreit in Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse nicht mehr befriedigen zu können. Da Zivilprozessen nur in seltenen Fällen eine solche existenzielle Bedeutung beigemessen werden kann, sind die Hürden für einen steuerlichen Kostenabzug sehr hoch.
Hinweis: Im Jahr 2011 hatte der BFH seine Abzugsvoraussetzungen vorübergehend gelockert und Zivilprozesskosten bereits dann steuerlich anerkannt, wenn der Prozess hinreichende Erfolgsaussichten geboten hatte und nicht mutwillig erschien. Nach diesen Rechtsgrundsätzen war ein Kostenabzug relativ leicht zu erreichen. In 2015 folgte dann die „Rolle rückwärts“: Das Gericht kehrte zu seiner alten Sichtweise zurück, so dass es für einen steuerlichen Kostenabzug seitdem wieder einer existenziellen Bedeutung des Prozesses bedarf.
Aufbauend auf seiner neueren Rechtsprechung entschied der BFH, dass Zivilprozesskosten nicht steuerlich abgezogen werden dürfen, wenn der Prozess der Durchsetzung von Schmerzensgeldansprüchen dient. Im zugrundeliegenden Urteilsfall hatte ein Witwer im Jahr 2011 den Frauenarzt seiner verstorbenen Frau auf Schmerzensgeld verklagt, weil er ihm einen Behandlungsfehler anlastete. Die Kosten für Gericht, Anwalt und Sachverständige, die sich auf insgesamt 12.000 EUR summiert hatten, machte er als außergewöhnliche Belastungen in seiner Einkommensteuererklärung geltend.
Der BFH legte seine neuen Abzugsvoraussetzungen zugrunde und lehnte einen Kostenabzug mangels existenzieller Bedeutung des Schmerzensgeldprozesses ab. In der Vorinstanz hatte das Finanzgericht Düsseldorf die Kosten noch anerkannt, weil es die großzügigeren BFH-Rechtsprechungsgrundsätze aus 2011 zugrunde gelegt hatte. Dieses finanzgerichtliche Urteil konnte nach der Rückkehr des BFH zu den verschärften Abzugsvoraussetzungen keinen Bestand mehr haben.
Hinweis: Wer entsprechende Prozesskosten getragen hat, hat somit kaum Chancen auf eine steuermindernde Berücksichtigung. Seit 2013 ist zudem ausdrücklich im Einkommensteuergesetz geregelt, dass Zivilprozesskosten nur bei existenzieller Notwendigkeit des zugrundeliegenden Rechtsstreits steuerlich abgezogen werden können. Der Gesetzgeber hatte mit dieser Gesetzesänderung die gelockerten Rechtsprechungsgrundsätze des BFH ausgehebelt, die ab 2011 vorübergehend gegolten hatten.
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